„Bili“ – das Erfolgsmodell an der Realschule Bad Schönborn

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Erfahrungen mit dem bilingualen Unterricht

„Good Morning Mrs Striegel-Moritz.“ Mit diesen Worten begrüßen die Schüler/innen der 6b der Realschule Bad Schönborn nicht etwa ihre Englischlehrerin, sondern ihre Biologielehrerin. Und das ist ganz normal. Schließlich besuchen sie den bilingualen Zug der RSBS und lernen unterdessen nicht nur im Sprachunterricht Englisch, sondern auch in Klasse 5 und 6 im Erdkunde- und BN (Biologie und Naturphänomene)-Unterricht und ab Klasse 6 in Geschichte. Erdkunde und Geschichte werden dann ab Klasse 7 bis zum Realschulabschluss unterrichtet. Englisch ist in diesen Fächern Unterrichtssprache: „We learn English in our English lessons and speak English in our Geography-, Science- and History-Lessons.“

Frau Ulrike Seuffert, seit 20 Jahren Lehrerin an der Realschule, teilt Arbeitsblätter im Rahmen der Unterrichtseinheit „The climate zones“ aus: „I would like to ask you, to find some ideas together with your partner. What does the area look like Levi lives in.“ Auf die Frage, ob es denn nicht wesentlich aufwendiger ist, Erdkunde in englischer Sprache zu unterrichten als auf Deutsch, antwortet die Bili-Lehrerin prompt: „Aufwendiger schon – aber auch viel interessanter.“

Vor bereits über 20 Jahren hat die langjährige Realschulrektorin Frau Gabi Künstler als Englischlehrerin den bilingualen Unterricht an der Realschule Bad Schönborn eingeführt und etabliert - und seit 2011 wurde dieser Zug offiziell vom Ministerium genehmigt: als eine der ersten Realschulen im Landkreis Karlsruhe.

Schon damals bestand die Motivation wie auch heute noch darin, den Schülerinnen und Schülern, die sich sprachbegabt zeigen, Möglichkeiten zu eröffnen, sich besser für ihren Beruf zu profilieren. Es gibt immer mehr an interessanten Arbeitsmöglichkeiten, für die man nicht zwangsläufig Abitur und Studium braucht. Beispielsweise in der Verwaltung hier ansässiger amerikanischer Firmen oder aber auch im Informatikbereich gibt es etliche Berufe für Realschüler/innen, bei denen ihnen dann ihre Englischkenntnisse zugute kommen.

Die über 20-jährige Erfahrung des bilingualen Unterrichtens hat gezeigt, dass Schüler/innen in bilingualen Klassen einen deutlichen Kompetenzvorsprung in vielen Bereichen haben. Insbesondere kommen sie im Hörverständnis und im kommunikativen Bereich sehr schnell voran. Was aber nicht heißt, dass alle Kinder in den bilingualen Klassen Überflieger sind. Auch bilinguale Klassen sind heterogen und die Lehrer/innen müssen mit den Prinzipien der Differenzierung und mit kooperativen Lernformen arbeiten. Denn auch in einer bilingualen Klasse können die Schüler/innen unterschiedlich gut mit Texten umgehen.

Anfangs, als der bilinguale Zug an der Realschule eingerichtet wurde, gab es weder speziell ausgebildete Lehrer/innen noch die passenden Materialien. Studiengänge, Schulbücher und Arbeitsmaterialien wurden erst im Laufe der Zeit entwickelt. „Mittlerweile gibt es Lehrwerke für jedes Sachfach, das bilingual unterrichtet wird. Sie orientieren sich am Curriculum des jeweiligen Fachs und stellen außerdem sicher, dass die Schüler/innen die fachspezifischen Begrifflichkeiten in beiden Sprachen kennen“, berichtet die Bili-Fachschaftsvorsitzende Ulrike Seuffert. Ebenso ist ihr wichtig zu erwähnen, dass ehemalige Absolventinnen und Absolventen des bilingualen Zuges der RSBS von Zeit zu Zeit immer mal wieder rückmelden, dass sie auf dem weiterführenden Gymnasium enorme sprachliche Wissensvorsprünge in den Sachfächern und im Fach Englisch im Vergleich zu den Klassenkameraden aufweisen würden.

In der 6b freut sich die Biologielehrerin Frau Sandra Striegel-Moritz darüber, dass sich die Schüler/innen ihrer Bili-Klasse ohne Scheu vor möglichen fehlenden Vokabeln oder sprachlichen Schnitzern melden und versuchen, „the body parts of birds“ mit „beak, wings, head, chest, belly, back, rump, tail, legs and feet“ so zu beschriften und gleichzeitig auszumalen, dass schlussendlich ein „robin“, das Rotkehlchen, zu erkennen ist.

Die Englisch- und Erdkundelehrerin Frau Beatrice Bausch hat sich bereits während ihres Europalehramt-Studiums mit den Vorzügen des bilingualen Unterrichtens auseinandergesetzt und in der RSBS den idealen Arbeitsplatz gefunden. „Eine spannende Herausforderung und eine, die Spaß macht“, so die junge Lehrerin. Ihre Siebtklässler können in nahezu perfektem Englisch erklären, warum es im Regenwald so viel regnet und beschreiben in eigenen Präsentationen, welche Tiere im Regenwald zu finden sind. Aber auch ihre Fünftklässler können schon gut auf Englisch die Entstehung von Tag und Nacht erklären.

 

Auch Frau Sabrina Knoop ermuntert ihre Schüler/innen, das, was sie ausdrücken wollen, zu beschreiben, auch wenn sie die passende Vokabel nicht kennen. Beim bilingualen Unterrichten geht es nicht um reines Vokabelwissen, hier geht es darum, die Schüler/innen für die englische Sprache zu sensibilisieren. Klar wäre es einfach, auf die Frage „Was heißt `einzigartig´?“ mit der passenden Vokabel zu antworten, aber das macht die Bili-Lehrerin nicht: „If you don’t know the word, you just try to describe it.“

Der immer mal wieder geäußerten Kritik, das Fachwissen im bilingualen Unterricht werde vernachlässigt, weil die Sprache zu viel Raum einnehme, treten die Bili-Lehrerinnen selbstbewusst entgegen: „Diese Kritik ist unbegründet. Es wird stärker auf das Verstehen geachtet, tatsächlich treten Grammatik und die sprachliche Korrektheit eher in den Hintergrund, weil im bilingualen Unterricht die Grundregel gilt „message before form“.

Die Schüler/innen selbst bestätigen immer wieder auf ihre eigene Art und Weise, wie interessant und motivierend, aber keinesfalls langweilig der Bili-Unterricht ist. Darüber freut sich Frau Striegel-Moritz am Stundenende ihrer BN-Stunden: „Wenn mich die Kinder ganz enttäuscht angucken und fragen, ob denn die Stunde tatsächlich schon vorüber ist, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe!“